Bewohner von Ersatzkronenbäumen
Beulenkopfbock (Rhamnusium bicolor)
Der Beulenkopfbock ist im Stadtgebiet von Berlin weit verbreitet. Im Gegensatz zu anderen Arten, wie z.B. dem Mattschwarzen Schnellkäfer (Megapenthes lugens), die den gleichen Lebensraum bewohnen, eine außerordentlich flugtüchtige, ausbreitungsfreudige, vorwiegend nachtaktive Art. Geeignete Brutbäume werden durch einen hoch entwickelten Geruchssinn mit sozusagen "schlafwandlerischer" Sicherheit gefunden. Etwas wärmeabhängig und daher offener exponierte Brutbäume bzw. höher gelegene Stammteile bevorzugend. Sehr gerne in Straßenbäumen mit Anfahrschäden.
So gut wie ausschließlich in weißfaul verpilztem, konstant feuchtem Holz lebender Laubbäume wie z.B. Rotbuche, Berg- und Spitzahorn, Linde, Ulme, Rosskastanie, jedoch nicht in den heimischen Eichen zu finden.
Der Käfer kommt vor allem an Schürfrinnen, lokaler Holzzersetzung in Stamm oder Ästen durch Bruch oder Schnitt, d.h.Initialfäulen, ausgedehnter Holzzersetzung im Stamm, in Starkästen oder Stämmlingen, Teilkronenausbrüchen und Ersatzkronenbäumen vor.
Er ist damit eine "Zeigerart", die auf wertvolle Biotopbäume hinweist, deren Habitatwert in der Regel mit der Zeit noch ansteigen kann.
§ - besonders geschützte Art BNatSchG
Balkenschröter (Dorcus parallelipipedus)
Der Balkenschröter ist mit bis 3,2 cm Länge die zweitgrößte Hirschkäferart unserer Fauna. Die Larven leben in weißfaulem, konstant feuchtem, dickem Totholz, z. B. in stehend abgestorbenen Stämmen, in liegendem Holz, in hohen Stubben sowie in lebenden Bäumen, die schon umfangreich verpilzte Bereiche aufweisen.
Die im Prinzip recht anspruchslose Art ist durch erhebliche Defizite in der Ausstattung der Berliner Gehölzbestände mit dickem Totholz zur Zeit nur lokal vorhanden. Da die Larven und Puppen des Balkenschröters von diversen anderen Holzinsekten mit zum Teil überregionaler Gefährdung als Nahrung benötigt werden, kommt stabilen Populationen eine Schlüsselrolle für die Gewährleistung der typischen Biodiversität in Wäldern und Parkanlagen zu. In den untersuchten Parkanlagen kommt der Balkenschöter auf der Pfaueninsel, im Volkspark Klein-Glienicke sowie im Schlosspark Buch vor.
Der Balkenschröter kann an verschiedensten Biotopholzstrukturen gefunden werden, z. B. an lebenden Bäumen mit Zwieselabrissen, Schürfrinnen, ausgedehnter Holzzersetzung, aber ebenso an liegendem und stehendem Totholz oder an Stubben.
§ - besonders geschützte Art BNatSchG
Blauer Scheinbockkäfer (Ischnomera cyanea und Ischnomera caerulea)
Unter dem deutschen Namen Blauer Scheinbockkäfer verbergen sich zwei sehr ähnliche Arten mit fast indentischer Lebensweise: Ischnomera cyanea undI. caerulea (L., 1758). Wie die Larven des Beulenkopfbocks leben ihre Larven in weißfaul verpilztem, konstant feuchtem Holz lebender Laubbäume. Vorkommen in schon abgestorbenen Bäumen sind sehr selten. Die Blauen Scheinbockkäfer sind nicht ganz so allgemein verbreitet, wie Rhamnusium bicolor. Der Grund ist wohl die Bindung an eine höhere und gleichmäßigere Luftfeuchtigkeit an den Standorten der potenziellen Brutbäume. Solche mikroklimatischen Voraussetzungen sind im Straßenland meist nicht gegeben.
Schwerpunktvorkommen liegen anSchürfrinnen, Initialfäulen, Großhöhlen, ausgedehnter Holzzersetzung im lebenden, anbrüchigen Stamm oder Starkästen, Starkast- und Teilkronenausbruch und Ersatzkronenbäumen, sei es natürlich oder durch Schnitt.
Bluthals-Scheinbockkäfer (Ischnomera sanguinicollis)
Der Bluthals-Scheinbockkäfer (Ischnomera sanguinicollis) hat zwar eine Vorliebe für geschlossene und offene Höhlen lebender Laubbäume mit Bodenkontakt. Im Gegensatz zum Veilchenblauen Wurzelhalsschnellkäfer und zum Bluthalsschnellkäfer trifft man ihn aber regelmäßig auch höher am Stamm, zum Beispiel in den feucht verpilzten Innenwänden von Baumhöhlen an. Die bevorzugten Brutgehölze sind Rotbuchen, Ulmen und Bergahorne.
Man findet ihn in offenen und geschlossenen Höhlen an der Stammbasis, älteren verpilzten Blitz- und Schürfrinnen, Teilkronenausbrüchen, Spechthöhlen sowie Ersatzkronenbäumen.
Rote Liste Deutschland - 1 (vom Aussterben bedroht)
Bluthalsschnellkäfer (Ischnodes sanguinicollis)
Der Bluthalsschnellkäfer zählt ebenfalls zu den Urwaldreliktarten, die in Wirtschaftswäldern und überpflegten Parkbaumbeständen kaum noch geeignete Brutstätten finden. Er teilt mit dem Veilchenblauer Wurzelhalsschnellkäfer (Limoniscus violaceus) die Vorliebe für Mulmhöhlen mit Bodenkontakt im Fuß lebender Laubbäume. Im Gegensatz zu Limoniscus violaceus zeichnen sich die Larven und Puppen des Bluthalsschnellkäfersjedoch durch eine außerordentliche Toleranz gegenüber Staunässe und Sauerstoffarmut aus. Bodennahe Baumhöhlen mit sehr feuchtem Milieu werden häufiger besiedelt als solche mit kombinierten Trockenarealen. Daher ist der Bluthalsschnellkäfer im Vergleich zu Limoniscus violaceus in Deutschland bzw. Berlin noch etwas regelmäßiger anzutreffen. Der Bluthalsschnellkäfer hat in Berlin allerdings nur noch zwei bekannte Vorkommen.
Seine Schwerpunktvorkommen liegen in offenen bzw. geschlossenen Höhlen an der Stammbasis, aber auch in Ersatzkronenbäumen (natürlich oder durch Schnitt).
Eremit, Juchtenkäfer (Osmoderma eremita)
Seinen ersten deutschen Namen trägt der Eremit zu Unrecht, denn er lebt in geeigneten Großhöhlenbäumen oft gesellig in Populationen von zum Teil mehreren Hundert Individuen. Eine gewisse Berechtigung gewinnt das Attribut Eremit durch die außerordentliche Standorttreue der Käfer. Sie zeigen eine sehr geringe Neigung, den angestammten Brutbaum zu verlassen, solange dieser ausreichend Nahrung bietet. Ausbreitungsflüge von mehr als 100 m sind die Ausnahme. Der zweite deutsche Name, Juchtenkäfer, geht auf den eindringlichen, parfümartigen Geruch zurück, den die Männchen zum Anlocken von Weibchen verströmen. Auch der Eremit zählt zu den Urwaldreliktarten, die auf ungestörte Wuchs- und Alterungsprozesse in Baumbeständen angewiesen sind. Die Engerlinge (Larven) des Eremiten ernähren sich von Holzmulm, von verpilztem Holz und von Nistmaterial höhlenbrütender Vögel. In dicken, alten Baumveteranen, die ihr natürliches Wuchspotenzial ungestört ausschöpfen und in Ruhe altern dürfen, fühlt sich der Eremit am wohlsten, weil diese auf lange Sicht ausreichende Mengen an Nährsubstrat bieten können. Darüber hinaus besiedelt die Art in oft kleinen Subpopulationen diverse Totholzstrukturen. So findet man ihn regelmäßig in dicken Hochstubben der Rotbuche, die durch ihr Volumen eine konstante Feuchteversorgung der Larven garantieren können. Ansonsten ist Osmoderma eremita in der Wahl seiner Brutbäume nicht wählerisch. Laub- und Nadelgehölze werden gleichermaßen genutzt, Hauptsache ist ein passendes Angebot von verpilztem Totholz und nährstoffreichem Holzmulm bzw. Nistmaterial.
Der Eremit ist eine der prioritären Arten des Natura 2000 Programms der Europäischen Union. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, für diese und andere durch die intensive Landnutzung bedrohte Arten geeignete und einer regelmäßigen Erfolgskontrolle unterliegende Schutzmaßnahmen durchzuführen.
Schwerpunktvorkommen liegen in Großhöhlen, Schwarz/Grünspechthöhlen, ausgedehnter Holzzersetzung im Stamm oder Ästen, Starkast- und Teilkronenausbruch, aushöhlenden Blitz- und Schürfrinnen, Ersatzkronenbäumen und Baumveteranen. Seltener findet man ihn an Hochstubben, stehenden Totbäumen oder offenen Höhlen an der Stammbasis.
§§ - streng geschützte Art BNatSchG, Art der FFH-Anhänge II und IV
Faulholzmotte (Schiffermuelleria stroemella)
Auch einige Schmetterlingsarten sind besonders durch die intensive Forstwirtschaft und Parkpflege in Deutschland an den Rand des Aussterbens gedrängt worden. Als Urwaldreliktart kommt die Faulholzmotte (Schiffermuelleria stroemella) in Berlin zur Zeit nur auf der Pfaueninsel vor. Der kleine Falter ist charakteristisch für die imposanten Alt- und Totholzstrukturen, die den Gehölzbestand der Insel prägen. Genutzte Gehölzarten sind zum Beispiel Eichen, Rotbuchen und Kiefern. Die Raupen leben an vor Niederschlag geschützten Bereichen von Altbäumen, Baumruinen und dicken Totholzstrukturen, zum Teil im Inneren großer, strukturreicher Baumhöhlen. Sie ernähren sich von Insektenresten, Pilzsubstanz und Nistmaterial, das sich im morschen Holz bzw. hinter gelockerten Borken ansammelt.
Typische Strukturen sind: Ausgedehnte Holzzersetzung im Stamm bzw. im Übergang Stamm/Stämmling/Starkast, Starkast und Teilkronenausbruch ins Stammholz reichend, Zwiesel-Abriss, aushöhlende Blitz- und Schürfrinnen, Ersatzkronenbäume, Baumveterane sowie stehende Totbäume und Hochstubben.
Gefleckter Pelzkäfer (Attagenus punctatus)
Die Familie der Pelzkäfer enthält neben diversen in Häusern lebenden Lästlingen einige enger an strukturreiche Altbaumstrukturen gebundene Arten. Den Gefleckten Pelzkäfer (Attagenus punctatus) kann man in Berlin, wenn auch selten, an strukturreichen Baumveteranen und Baumruinen verschiedener Gehölzarten wie z.B. Eichen und Rotbuchen finden. Die Käfer bevorzugen trockenere Standorte mit günstiger Wärmetönung, die für die Parkanlagen typisch sind. Die Larven von Attagenus punctatus ernähren sich von Insektenresten, die sich im Gang- und Lückensystem der Altholzstrukturen ansammeln.
Bevorzugte Strukturen sind: ausgedehnte Holzzersetzung im Stamm bzw. im Übergang Stamm/Stämmling/Starkast, Starkast und Teilkronenausbruch, Zwiesel-Abriss, aushöhlende Blitz- und Schürfrinnen, Ersatzkronenbäume, Baumveterane und Hochstubben.
Gelbschuppiger Schnellkäfer (Lacon querceus)
Der Gelbschuppige Schnellkäfer ist eine Urwaldreliktart, deren Entwicklung eng an vom Pilzgeflecht des Schwefelporlings (Laetiporus sulphureus) durchzogenes Holz gebunden ist. Bevorzugte Brutgehölze sind Stiel- und Traubeneichen, seltener auch Rotbuche und andere Laubgehölze, sofern der Wirtspilz vorhanden ist. Bisher sind nur Nachweise aus dicken stehenden Stämmen bzw. Baumruinen bekannt. In den Alteichenbeständen der Berliner Pfaueninsel und des Glienicker Parks ist der Käfer verbreitet. Der Schwefelporling genießt einen zwiespältigen Ruf, indem er von manchen Autoren als „gefährlicher Feind alter Eichen“ bezeichnet wird. Tatsächlich besiedelt er lebende Bäume, deren schützender Borkenmantel durch Blitzschlag, dicke Totaststrukturen und Astbruchstellen geöffnet worden ist. Die Funktion des Pilzes ist die Rückführung der Holzsubstanz in die natürlichen Nährstoffkreisläufe. Darüber hinaus ist er ein Schlüsselorganismus der für anbrüchige (Alt-) Eichen typischen Biodiversität: Neben Dutzenden weniger spezifischer Arten sind 33 Holzpilzkäfer ausschließlich oder schwerpunktmäßig an seinen Fruchtkörpern bzw. am Myzel zu finden. Die Artenzahlen werden noch viel höher, wenn man die Gesamtheit der Strukturnutzer einbezieht, die auf die vom Schwefelporling geschaffenen Kleinlebensräume im Inneren der Stämme angewiesen sind.
Hauptvorkommen liegen in ausgedehnter Holzzersetzung im Stamm bzw. in Starkästen und Stämmlingen, Starkast und Teilkronenausbrüchen, aushöhlenden Blitz- und Schürfrinnen, Baumveteranen, Ersatzkronenbäumen; daneben kommt er auch an stehenden Totbäumen und Hochstubben vor.
Rote Liste Deutschland 1 (vom Aussterben bedroht) , Urwaldreliktart
Kammschnake (Ctenophora ornata)
Die Kammschnaken (Flabelliferinae) sind eine kleine Gruppe besonders prächtig gefärbter, großer Fliegen. Die Mehrzahl der Arten lebt als Larve in sehr feuchtem, stark vermorschtem Holz bzw. in nassem Holzmulm.
Ctenophora ornataimititiert Hornissen. Die recht wärmeabhängige Art entwickelt sich in Mulmtaschen und Mulmhöhlen, die oft hoch am Stamm bzw. im Kronenraum liegen. Trotz der auffälligen Warntracht sind die harmlosen Tiere überwiegend nachtaktiv und fliegen gelegentlich ans Licht.
Schwerpunktvorkommen sind an Großhöhlen, ausgemorschten Schürfrinnen, ausgedehnter Holzzersetzung in Stamm, Starkästen und Stämmlingen und Ersatzkronenbäumen. Daneben findet man sie auch an Intitialfäulen im Stamm oder in Ästen.
Veilchenblauer Wurzelhalsschnellkäfer (Limoniscus violaceus)
Als Urwaldreliktart ist der Veilchenblauer Wurzelhalsschnellkäfer (Limoniscus violaceus) in Deutschland heutzutage nur noch sehr lokal in Waldresten mit besonders naturnaher Alterungsentwicklung vorhanden. Der Käfer ist außerodentlich typisch für große Höhlen im Fuß lebender alter Bäume, die Kontakt zum Erdboden haben. Für eine erfolgreiche Entwicklung der Larven und Puppen müssen sowohl konstant feuchter bis nasser Holzmulm, als auch konstant trockenere Strukturen wie z.B. dem Mulm aufliegende Holzstücke vorhanden sein. Die Entwicklung solcher komplexer Höhlenstrukturen benötigt viele Jahrzehnte. In unseren kurzlebigen Wirtschaftsforsten sind solche urwaldtypischen Alterungsprozesse an Bäumen kaum noch möglich. Limoniscus violaceus besiedelt den genannten Höhlentyp z.B. in Rotbuchen, Ahornen, Eichen und Ulmen.
Für den Wurzelhalsschnellkkäfer besteht im Rahmen des europäischen Natura 2000 Programms eine besondere Verpflichtung zur Entwicklung eines Trittsteinsystems, das die Wiederausbreitung der zur Zeit noch isolierten Restpopulationen ermöglicht.
Seine Schwerpunktvorkommen liegen in offenen bzw. geschlossenen Höhlen an der Stammbasis, aber auch in Ersatzkronenbäumen (natürlich oder durch Schnitt).
§§ - streng geschützte Art BNatSchG, Art des FFH-Anhangs II, Urwaldreliktart