Holzzersetzende Pilze und ihre Funktion im Ökosystem
Holz ist ein chemisch hochkomplexes Material, angeordnet in einem biologisch und mechanisch hochangepassten Faserverbund, das außer von Pilzen von keiner anderen Lebensform effektiv zersetzt werden kann.
Pilze recyceln also sämtliches Holz und stellen die einzelnen mineralischen Bestandteile dann wieder als pflanzenverwertbare Stoffe den ökologischen Kreisläufen zu Verfügung (andernfalls würde der Boden und schließlich die Pflanzengesellschaften verarmen). Letztlich schaffen die Pilze Platz und die Nährstoffgrundlage für nachwachsende Pflanzengenerationen. Zuvor, wenn Pilze in lebenden, noch stehenden abgestorbenen oder frisch gefallenen Bäumen vorkommen, werden diese durch die Holzzersetzung für eine mannigfache Vielfalt von Arten und ganze Lebensraumstrukturen geöffnet.
Es gibt viel mehr saprophytische Pilzarten, die totes Holz bis zur vollständigen Humifizierung abbauen, als parasitische Pilze, die bereits lebende Bäume befallen können. Parasiten sind wiederum in der Lage, teilweise noch lange Zeit im bereits toten (oder umgebrochenen Baum) weiter zu wachsen, so dass sie im Grunde als fakultative Parasiten zu bezeichnen wären. Nicht selten sind an einem Baum gleich mehrere Pilzarten zu finden. Sie können miteinander konkurrieren. Verdrängungen bzw. Folgebesiedlungen sind möglich, wobei eine Art abbaut, was eine andere unvollständig abbauen konnte.
Der eigentliche Pilz wächst für den Betrachter zumeist unsichtbar im Holz. Das Hyphensystem (Pilzgeflecht) wächst in den Zelllumen bzw. in den Zellwänden der Holzzellen. Die Fruchtkörper werden zur Bildung und Verbreitung der Sporen außerhalb des Holzes gebildet. Sie dienen der sexuellen Vermehrung und dem Fortbestand der Art.
Eintrittspforten – Infektionswege
Dass liegende Bäume intensiv von Pilzen besiedelt werden, erscheint nicht ungewöhnlich. Doch wie kommen die Pilze in den lebenden Baum? Grundsätzlich können holzzersetzende Pilze den Baum über Sporenanflug, Wurzelverschweißungen mit einem infizierten Nachbarbaum und über Rhizomorphen infizieren (Rhizomorphen sind wurzelähnliche schwarze Mycelstränge, z.B. des Hallimasch, die durch Rinde in das Wurzelholz eindringen können). Als Eintrittspforte können für die Sporen alle Bereiche dienen, die nicht von Rinde bedeckt sind: Schnitt- und Bruchstellen von Ästen, Schürfstellen (z.B. an Straßen), abgerissene oder abgestorbene Wurzeln (z.B. durch Verletzungen oder Vitalitätsmangel).
Abwehrmechanismen der Bäume
Die verschiedenen Baumarten sind in höchst unterschiedlichem Ausmaß in der Lage, „Pilzangriffe“ abzuwehren, einzudämmen oder abzuschotten. So ist die Pappel z.B. ein schlechter „Abschotter“, die Eiche dagegen ein sehr guter. Auch ist ein gesunder Baum grundsätzlich abwehrstärker als ein geschwächter bzw. gestresster Baum.
Konnte sich ein Pilz bereits im Holz etablieren, verfügen Bäume über verschiedene chemische Abwehrstoffe (wie Phenole, Gerbstoffe oder Terpene bei Nadelbäumen). Auch lebende Holzzellen sind zu Abwehrreaktionen befähigt, indem sie pilzwidrige Substanzen produzieren und Zellen und Zellübergänge verschließen, um den Pilzhyphen die Ausbreitung zu erschweren. Neben diesen Abwehrstrategien wirkt auch die Holzanatomie, d.h. hier die Anordnung der von der jeweiligen Pilzart bevorzugten Substanzen in den Holzzellen in gewissem Umfang wachstumshemmend.