Etagenhöhle

Biomechanik
Ausgehöhlte Stammteile wie bei einer Etagenhöhle durch übereinanderliegende Höhlen sind mechanisch komplexeren Belastungen ausgesetzt, wenn dort nicht nur Biegung durch eine hoch ansetzende Krone, sondern diverse andere Lastmomente durch Lasteinleitung starker Äste in den hohlen Querschnitt erfolgen (Biegung, Torsion, Querzug u.a. in diversen Kombinationen).

Gefahrenpotential
Durch Torsion und tangentiale Biegung kann ein vorzeitiges Versagen begünstigt werden. Aufgrund der komplexeren Belastungssituation ist im Bereich der nachgewiesenen oder anzunehmenden ausgehöhlten Bereiche bei Baumkontrollen verstärkt auf Rissbildungen zu achten, auch auf eher unauffällig scheinende, die bei sehr alten Bäumen bezüglich ihrer Auswirkung durch einen kompetenten Experten beurteilt werden sollten.

Ökologie
Etagenhöhlen sind ein Spezialfall in der Kategorie der Großhöhlen. Die klassische Variante geht auf den Bruthöhlenbau des Schwarzspechtes in lebenden Rotbuchen zurück. Zum einen legen die Vögel in für den Anflug günstig stehenden Bäumen mehrere voneinander getrennte Brut– und Schlafhöhlen an. Darüber hinaus werden Ersatzeingänge geschaffen als Ausgleich, wenn der Höhlenboden durch die Abbautätigkeit von Pilzen und Insekten zu tief unter die ursprüngliche Zutrittsöffnung abgesunken ist. Im Laufe der Jahre bildet sich ein für den Artenschutz höchst wertvolles Nischensystem aus verschachtelten Hohlräumen, Klüften, Gangsystemen, Mulmkörpern, Mulmtaschen, feucht und trockenen verpilzten Innenwänden, das sich nach und nach über die gesamte Länge des Hauptstammes ausdehnt
Das Endergebnis ist nicht selten ein kaminartig ausgehöhlter, immer noch voll belaubter Baum.

 

Spechte können mit ihrem Bruthöhlenbau eine solche Etagenhöhle initiieren. Klicken Sie auf die Abbildung für weitere Informationen. Etagenhöheln werden z.B. bewohnt vom Blauen Scheinbockkäfer oder der Kammschnake.

 

Ähnlich geartete Höhlenetagen gehen auf Aststümpfe zurück, die wegen ihrer Größe und Dauerhaftigkeit nicht mehr gegen das Stammholz abgeschottet werden können. Grob und tief beastete Bäume z. B. an Säumen und im Freistand sind für diese Variante prädestiniert.
Andere Varianten der Ausprägung von Etagenhöhlen gehen auf mehrfache Borken- bzw. Stammholzverletzungen zurück, die zu verschiedenen Ausgangspunkten der Verpilzung und Hohlraumbildung führen.
Bei manchen Pilzarten wie z.B. dem Eichen-Feuerschwamm (Phellinus robustus) bilden sich bedingt durch die Abbaustrategie im Holzkörper ebenfalls seriell angeordnete Hohlraum- und Taschensysteme aus.

Zeichnung: W. RoloffZeichnung: W. Roloff

 

  • Typische Etagenhöhle © N. A. Klöhn
  • Etagenhöhlen können auch durch Stammverletzungen und/oder nicht abgeschotette Aststümpfe entstehen. © N. A. Klöhn