Großhöhlen – Allgemeiner Teil

Biomechanik
Große Höhlen entstehen durch Jahrzehnte langen Holzabbau. Die Vitalität des Baumes muss hierdurch nicht beeinflusst sein. Besonders wenn die Baumkrone noch voll ausgebildet ist, treten bei Windbelastung hohe Biegemomente auf. Zur Vermeidung des Bruches sind ausreichend dicke Restwände aus gesundem Holz erforderlich. Bei intakter Krone muss diese mindestens ein Drittel des Stammradius betragen. Ein verdickter Stamm kann auf erhöhte Zuwachsraten aufgrund erhöhter Spannungen auf seinen Oberflächen zurückzuführen sein, die infolge einer Innenfäule entstehen können („Reparaturwachstum“). Ggf. kann auch nur ein Pilzfruchtkörper Hinweis auf eine Innenfäule sein. D.h. eine Großhöhle muss nicht durch eine Öffnung auffallen (siehe Großhöhle Stammbasis geschlossen).

Gefahrenpotential
Restwandstärken, der Habitus des Höhlenbaumes (z.B. sein H/D-Verhältnis) und der Standort spielen eine zentrale Rolle bei der Beurteilung der Verkehrssicherheit. Je geringer die Hebelwirkung der über der Höhle befindlichen Stamm– und Kronenteile ist, desto länger kann man den Höhlenbaum mit geringen Eingriffen z. B. in Form von Kroneneinkürzungen erhalten. Bei verkehrsexponierten Bäumen sollte das Fäuleausmaß mit geeigneter Messtechnik überprüft werden, da ein erhöhtes Bruchrisiko bestehen könnte. Bei Kappungen des Hauptstammes sollte man versuchen, das natürliche Höhlendach wegen seiner Lebensraumfunktion und wegen der wasserabweisenden Wirkung zu erhalten. Ist dies nicht möglich, sollte die Höhle nach oben gegen eindringendes Niederschlagswasser abgedeckt werden.

Insbesondere wenn im verkehrsexponierten Bereich die Restwandstärken im Bereich von Großhöhlen nicht bekannt sind, sollten diese vermessen und gegebenenfalls der weitere Verlauf der Holzzersetzung beobachtet werden. Falls ein Drittel der Restwandstärke unterschritten wird, ist abzuwägen, ob aufgrund einer verkleinerten und/oder durch Rückschnitte zu verkleinernden Krone noch eine ausreichende Versagenssicherheit gegeben ist.

Ökologie
Großhöhlen sind das Ergebnis eines Jahrzehnte andauernden Entwicklungsprozesses. Ausgangspunkte sind Eintrittspforten am Stamm z. B. in Form von Rindenverletzungen, Astausbrüchen, dicken Aststümpfen oder Blitzrinnen. Die Bildung des Hohlraumes geht auf das Zusammenspiel von holzabbauenden Pilzen und nagenden Insekten zurück. Im Idealfall entsteht ein eng vernetzter Komplex aus Kleinbiotopen: Mulmkörper, Mulmtaschen, verpilzte Innenwände, Gangsysteme, zerklüftete Totholzbereiche in Kombination mit ausgeprägten Feuchtigkeitsgradienten und verschiedensten Übergängen von Zersetzungsstufen. Der Mulm ist teilweise sehr nährstoffreich, weil er oft mit Nistmaterial höhlenbewohnender Wirbeltiere und mit organischen Überresten der verschiedensten Organismen angereichert ist (Reisig, verpilzter Holzbruch, Pilzfruchtkörper, Nagemehl, Kot, Gewölle, Leichenteile der Arthropoden und Wirbeltiere, Eierschalen).

Wie bei anderen Biotopholzstrukturen gibt es auch bei Großhöhlen eine große Bandbreite von Volumen, Strukturdifferenzierung und Feuchteverhältnissen. Staunässe kommt ebenso vor wie ausgeprägte Trockenheit. Für jedes der jeweiligen Extreme gibt es Spezialisten unter den Insekten.  Sehr nasse Grundbedingungen werden besonders von Fliegen wie z. B. die Hummelschwebfliege Mallota fuciformis.bevorzugt. Die Eingangsöffnungen von Großhöhlen können zum Teil unscheinbar klein sein z. B. durch nachträgliche Überwallung von stammparallelen Schnittflächen (oft bei jüngeren, vitalen Bäumen) und wenn die Höhle ihren Ausgangspunkt an einpilzenden bzw. einfaulenden Astlöchern genommen hat.

Großhöhlen sind u.a. Lebensraum für FFH-Art Eremit (Osmoderma eremita)Baumhöhlen sind wichtige Sommerquartiere für einheimische Fledermäuse, wie z.B. den großen Abendsegler. Klicken Sie auf das Bild für mehr Information über baumbewohnende Fledermäuse.

  • Im Inneren einer Höhle auf braunfaulem Holz gebildeter Fruchtkörper eines Schwefelporlings © G. C. Möller
  • Großhöhle in einer Zypresse in der Giardini Giusti, Verona © N. A. Klöhn
  • Eiche mit Höhlen und Spalten auf der Pfaueninsel © N.A. Klöhn

Vier Höhlentypen werden im folgenden detaillierter beschrieben (klicken Sie einfach auf die Abbildungen):

Offene Großhöhle Stammbasis. Zeichnung W. RoloffGeschlossene Höhle Stammbasis. Zeichnung W. Roloff.

Etagenhöhle. Zeichnung W. Roloff. Spechthöhle. Zeichnung W. Roloff.

 

Informativer Leitfaden zum Lebensraum Baumhöhle und ihrer Bewohner der Frankfurter Umweltverwaltung