Offene Großhöhle an der Stammbasis

Biomechanik
Eine Öffnung im unteren Stamm (mit oder ohne Verdickung) zeigt in der Regel eine ausgedehnte Innenfäule an. Durch Kompensationswachstum bzw. durch Überwallungen können offene Höhlen sekundär wieder geschlossen werden. Ausgangspunkte der Verpilzung bzw. Aushöhlung sind oft Wurzel- und Borkenverletzungen z. B. durch Anfahrschäden und Schachtungsarbeiten.

Gefahrenpotential
Bei verkehrsexponierten Bäumen sollte das Ausmaß der Fäule mit geeigneter Messtechnik überprüft werden, da ein erhöhtes Bruchrisiko bestehen könnte (wie bei der „geschlossenen Höhle“). Darüber hinaus sind bei geöffneten Querschnitten zusätzlich potenzielle Schwächungen infolge der Öffnung zu bedenken. So ist es ratsam, die „Körpersprache“ besonders zu beachten, z. B. Stauchungen im Kallus seitlich der Öffnungen oder auch mögliche Rissbildungen, insbesondere am oberen Ende der Öffnung.

Die zum Teil erhebliche statische Schwächung von Bäumen mit Bodenhöhlen ist offenkundig. Die Möglichkeiten zum Erhalt sind stark vom Standort abhängig („Verkehrsexposition“). Abseits von Wegen kann mit konsequenter Kronenentlastung gearbeitet werden. Stützkonstruktionen z. B. mit Stahlpfeilern sind technisch möglich, aber auch aufwendig. Wenn Fällungen unumgänglich sind, sollte der Baum unter Erhalt der Gesamtstruktur möglichst unzersägt als liegendes Totholz erhalten werden. Der Transport an einen geeigneten Lagerplatz wird empfohlen, setzt jedoch eine entsprechend leistungsfähige Technik voraus.

Ökologie
In Abhängigkeit von den beteiligten Pilzarten werden Bäume im Laufe vieler Jahrzehnte bei voller Belaubung häufig kaminartig hohl. Bei der Rotbuche sind z.B. der Brandkrustenpilz (Hypoxylon deustum) und der Goldfell-Schüppling (Pholiota aurivella) häufig an der Ausdifferenzierung dieses Strukturtyps beteiligt. Bei Eichen treten der Schwefelporling (Laetiporus sulphureus) und der Leberpilz (Fistulina hepatica) am häufigsten als Gestalter von Großhöhlen dieser Art auf.

Durch Alterungsprozesse entsteht neben zahlreichen Übergangsformen der Holzzersetzung ein komplexes System von Kleinlebensräumen in Form von Klüften, Spalten, Mulmtaschen, Mulmkörpern, Pilzmyzelien, Pilzfruchtkörpern und Tiernestern. Zudem treten Räume mit sehr unterschiedlichen Feuchtigkeitsgehalten auf, die die Bandbreite der Lebensstätten speziell angepasster Tier- und Pilzarten zusätzlich erweitern. Wegen der intakten Assimilat- und Transpirationsströme erfolgt kontinuierlicher Holzzuwachs und damit ein beständiger Nachschub an Substrat.

Offene Bodenhöhlen können oft jahrzehntelang bestehen. Der lange Entwicklungszeitraum bewirkt die kumulative Etablierung einer Fülle von Insekten- und auch Pilzarten. Wie bei anderen Großhöhlentypen besteht ein komplexer Verbund für anspruchsvolle Arten attraktiver Kleinbiotope. Zu nennen sind feuchte und trockene Mulmbereiche, verpilztes Holz verschiedener Feuchte- und Zersetzungsstufen, diverse Nahrungsquellen für Räuber z.B. in Form der Brut von Holzameisen und Holzrüsselkäfern. In dickeren Altbäumen sorgt die Ausdehnung der gereiften Höhlenstruktur für eine vergleichsweise hohe Konstanz des Ressourcenangebots.
 

Offene Großhöhlen sind aufgrund ihrer unterscheidlichsten Kleinstrukturen Lebensraum für eine Vielzahl von Holzinsekten, z.B. Zahlreiche Pilzarten bestreiten die Höhlenbildung. Klicken Sie hier für weitere Pilz-Infos.

Zeichnung W. Roloff

  • Schon lange bestehende, offene Bodenhöhle im Fuß einer alten Weide. Kompensationsüberwallungen, aber auch Rissbildung sind deutlich erkennbar. Ein sekundärer Verschluss der Öffnung ist bei einigermaßen vitalen Bäumen nicht selten. © N. A. Klöhn
  • © N. A. Klöhn
  • Stark gealterter und sehr offener Typus einer großen Bodenhöhle. Trotz baumchirurgischer Ausarbeitung und Ausflämmung des Inneren wächst ein neuer Pilzfruchtkörper. Für die Tierbesiedlung ist die Ansammlung von organischem Material (Laub, Nistmaterial, Nahrungsreste von Kleinsäugern und Vögeln, Holzbruch, Mulm) am Höhlenboden sehr wichtig. © N. A. Klöhn