Starkes Totholz am lebenden Baum 

Biomechanik
Trockenes Holz ist etwa 1,5 bis 2 mal biegefester als lebendes Holz, wenn es nicht durch Holzzersetzung geschwächt wurde. Zudem fehlt der Windwiderstand durch die Belaubung. Dennoch sind Totäste nicht beliebig lange „sicher“: Abgestorbene Äste am Baum sind oder werden bald von holzzersetzenden Pilzen besiedelt. Als Sollbruchstelle wirkt häufig ein „Abschiedskragen“ am Stamm.

Gefahrenpotential
Wie schnell ein Totast tatsächlich bricht, ist von vielen Parametern abhängig, z. B. Baumart, Astdurchmesser, Verkernungsgrad des Holzes, besiedelnde Pilzarten, kleinklimatische Einflüsse oder Witterungseinflüsse (z. B. Wind). Bei Eichen sind Totäste oft sehr beständig, bei Linde jedoch fallen sie häufig in weniger als einem halben Jahr ab! In gewissem Umfang kann man das Bruchrisiko eines Totastes einschätzen, doch sind Totäste über Verkehrsflächen (z. B. Straßen und Wegen) in jedem Fall zu beseitigen.

Ökologie
Bei Totästen entscheidet ein ganzes Bündel von Faktoren über ihre Eignung als Lebensräume für Holzinsekten. Zu nennen sind die Gehölzart, der Durchmesser, die Zersetzungsstufe, die Art der Pilzbesiedlung, der Borkenmantel oder die kleinklimatische Exposition. Frisch absterbende, noch feuchte und Photosyntheseprodukte enthaltende Äste sind Entwicklungsstätten zahlreicher besonders und streng geschützter Bock- und Prachtkäferarten. Die xylophagen Arten werden von einer Vielzahl räuberischer Verfolger begleitet wie z. B. Schlupfwespen, Bunt- und Schnellkäfern. Im weiteren Verlauf der Abbausukzession siedeln sich spezifische Pilzarten wie z.B. der Eichen-Zystidenrindenpilz (Peniophora quercina) an. Die Pilze sind wiederum Voraussetzung für das Vorkommen diverser pilzbesiedelnder Käferarten.
 

 Zeichnung W. Roloff

  • Dieser wegeferne Baumveteran durfte auch seine starken Totäste behalten. © N. A. Klöhn
  • Ein stärkerer Totast über einer geschützten Wiese steht als Lebensraum zur Verfügung. © N. A. Klöhn