Starkastausbruch / Teilkronenausbruch

Biomechanik
Solange noch keine ausgedehnte Holzzersetzung vorhanden ist, für die die entsprechenden Versagenskriterien anzuwenden sind, ist bei Starkast- und Teilkronenausbrüchen im Wesentlichen zu betrachten, wie der tragende Querschnitt im Bereich der Bruchstelle des verbleibenden Baumes ausgebildet ist.
Je nach Größe und Dimensionierung der Ausbruchstelle in Länge und Breite kann es zu einer minimalen oder aber zu einer starken Herabsetzung des natürlichen Sicherheitsfaktors des Baumindividuums gekommen sein.

Gefahrenpotential
Entsprechend der Dimension der Ausbruchstelle ist zu bewerten, ob es durch eine mehr oder weniger starke Verringerung des Querschnittes bereits aktuell zu einer Minderung des Sicherheitsfaktors gekommen ist, oder ob eine solche durch Rissbildung und/oder Holzzersetzung in absehbarer Zeit zu erwarten ist.

Ökologie
Durch vorangehenden bzw. den Bruch vorbereitenden Pilzbesatz entstehen häufig zeitgleich Übergangsbereiche von assimilathaltigen Borkenstrukturen, Frischholz und Holzbereichen mit Gradienten von Zersetzungsstufen. Die Bündelung ganz unterschiedlicher Habitatsituationen auf engem Raum bedingt ein überdurchschnittlich hohes Biodiversitätspotenzial. Sekundäre (Groß-) Höhlenbildung erfolgt regelmäßig. In Abhängigkeit von der Gehölzart sowie der sich individuell etablierenden Pilzarten stellen sich im Laufe der Zeit die verschiedensten Frischholzbewohner und Pilzkäfer ein. Bei Eichen dominiert der Schwefelporling. Bei Rotbuchen ist die Bandbreite deutlich vielfältiger. Zu nennen sind unter anderem der Gewöhnliche Austernseitling, der Goldfellschüppling, Schillerporlinge, Trameten und der Gewöhnliche Rauchporling.

Varianten                                                                                                                                                                                                                                                             Entscheidend für diesen Habitattyp ist die tief ins Stammholz reichende Verletzung, die zwangsläufig und irreversibel zu einer umfassenden Verpilzung führt.

Das Fallbeispiel unten links zeigt eine für die Etablierung von Lebendbaumbesiedlern unter den Holzpilzen äußerst geeignete Initialsituation. Wenn dem Baum eine statische Stabilisierung der Schwachstelle gelingt, führt der pilzvermittelte Holzabbau allmählich zur Bildung einer Großhöhle. In Abhängigkeit von der Gehölzart sowie der sich individuell etablierenden Pilzarten stellen sich im Laufe der Zeit die verschiedensten Pilz- und Mulmkäfer ein.

Vergleicht man das unten links abgebildete, frische Bruchereignis an einer Alteiche mit dem Verpilzungsbeispiel an der Esche (unten rechts) sieht man die gesetzmäßig fortschreitende Verpilzung in der Basis des starken Seitenastes bzw. der Teilkrone. Bei Eiche werden die Starkast- und Stämmlingsbrüche häufig durch den Schwefelporling (Laetiporus sulphureus) und den Eichen-Feuerschwamm (Phellinus robustus) ausgelöst bzw. vorbereitet (die Schwächung durch Myzelaktivität ist nicht immer auf den ersten Blick erkennbar). Durch das Ausmaß der Stammverletzung bzw. der Eintrittspforte folgt fast zwangsläufig eine Großhöhlenbildung.

In solchen Strukturen leben zahlreiche seltene und gefährdete Holzinsektenarten, wie z. B. die hier aufgeführten:

Zeichnung W. Roloff

  • Sehr ausgeprägtes Beispiel eines Teilkronenbruches mit umfangreicher Totholzbildung bzw. großflächigen Eintrittspforten für Pilze. Bei Rotbuche siedelt sich an solchen hoch am Baum gelegenen Strukturen oft die Striegelige Tramete (Trametes hirsuta) an. © N. A. Klöhn
  • Starkastausbruch nach Verlust einer überlastigen Teilkrone © N. A. Klöhn