Frage:

In vielen Parkanlagen gibt es unterschiedlich intensiv gestaltete und gepflegte Bereiche bis hin zu Parkwäldern, die letztlich Altbestände mit waldtypischen Gefahren sind. Entsprechend unterschiedlich verteilt sich auch der Besucherverkehr. Ergeben sich hieraus Unterschiede für den im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht vorzusehenden Kontroll- und Sicherungsaufwand? *

Antwort:

Es gibt durchaus deutliche Unterschiede zwischen den Anforderungen an die Verkehrssicherung je nachdem ob es sich um freie Landschaft, Wald, Park- und Grünanlagen oder zum Beispiel um Straßen handelt.

 Schema der unterschiedlichen Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht. © R. Hilsberg

 

Grundsätzlich sind für das Bestehen und den Umfang einer Verkehrssicherungspflicht die Art und die Häufigkeit der Nutzung sowie die berechtigten Sicherungserwartungen des jeweiligen Benutzers entscheidend.
 
Freie Landschaft:
  • Nach § 60 S. 1 BNatschG erfolgt das Betreten der freien Landschaft auf eigene Gefahr. Es besteht insbesondere keine Haftung für typische, sich aus der Natur ergebende Gefahren.
Wald:
  • Es besteht keine Verkehrssicherungspflicht für waldtypische Gefahren im Waldbestand allgemein und auch nicht auf allgemeinen Waldwegen, die Benutzung erfolgt auf eigene Gefahr.

  • Eine Haftung kommt nur für atypische Gefahren, d.h. nicht durch die Natur oder durch die Art der Bewirtschaftung vorgegebene, sondern vom Waldbesitzer selbst geschaffene Gefahren in Betracht.

  • Nach der Rechtsprechung besteht auch bei beschilderten Waldwegen keine Baumkontrollpflicht. Nur akute waldtypische Gefahren, die dem Waldbesitzer bekannt sind, müssen beseitigt werden. Aber insbesondere nach Sturmereignissen sind Sonderkontrollen erforderlich.

  • Von einer Kontrollpflicht ist allerdings auszugehen bei:
    • stark frequentierten Waldwegen z. B. in Naherholungsgebieten
    • Wegen zu frequentierten Freizeitanlagen wie einem Aussichtsturm
    • Wegen, die in erster Linie für Freizeitzwecke gebaut wurden sowie
    • Erholungseinrichtungen wie Ruhebänke, Trimm-Dich-Pfade usw.
Park- und Grünanlagen:
  • Überwiegend wird es sich bei einer Park- oder Gartenanlage weder um Wald noch um freie Landschaft halten.

  • Allerdings ist es bei größeren Anlagen mit waldartigen Partien denkbar, dass sie dem Waldbegriff nach dem BWaldG unterliegen, sofern das nicht durch das jeweilige Landeswaldgesetz ausgeschlossen ist.  

  • Selbst wenn ein Park als freie Landschaft gelten könnte, besteht auf jeden Fall eine Verkehrssicherungspflicht, deren Umfang insbesondere abhängig ist von den unterschiedlichen Nutzungen und den berechtigten Sicherheitserwartungen der Besucher.  

 weiterlesen: die detaillierten Ausführungen zur Frage im Rechtsgutachten

  • Intensiv gepflegter Bereich am Schloss Charlottenburg. © N. A. Klöhn
  • Weniger intensiv gepflegter und genutzter Bereich im Glienicker Park. © N. A. Klöhn
  • Waldartiger Bestand im Glienicker Park. © N. A. Klöhn

 

Grundsätzlich ist der Kontroll- und Sicherungsaufwand bei der Verkehrssicherung abhängig von:

  • dem Zustand des Baumes  (Alter, Baumart, Schäden)

  • dem Standort des Baumes  (z. B. an einem öffentlichen Platz oder einer Straße)

  • der Art des Verkehrs (Verkehrsbedeutung, Verkehrshäufigkeit, z. B. stark befahrene Straße oder selten begangener Spazierweg)

  • der berechtigten Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers  (mit welchen Gefahren muss der Benutzer rechnen?)

  • der Art der drohenden Schadensfolgen (Sachschäden oder auch Körperschäden)

  • der Zumutbarkeit der erforderlichen Maßnahme

  • dem Status des Verkehrssicherungspflichtigen (Behörde oder Privatperson).

Vgl. Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL) 2010: Baumkontrollrichtlinien, S. 12.

*Die Aussagen auf dieser Seite beruhen auf dem Gutachten von Rainer Hilsberg " Rechtsfragen zur Verkehrssicherung in historischen Park- und Gartenanlagen unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes und des Naturschutzes". Das vollständige Gutachten finden Sie hier als pdf.